Zum 80. Bicycle Day wollte ich nicht nochmal Albert Hofmanns schicksalshafte Fahrradfahrt im Detail erzählen, sondern eine, wie ich finde, viel interessantere, aber unbekanntere Geschichte aus seinem Leben. So ist Hofmann gemeinsam mit seiner Frau und dem Pilzpionier Gordon Wasson eines Tages auf die Reise in die Berge Mexikos aufgebrochen und hat der mazatekischen Schamanin María Sabina ein psychedelisches Geschenk gemacht…
High Times: Wie möchten Sie, dass sich die zukünftigen Generationen an Sie und Ihre Entdeckung erinnern?
Hofmann: Vielleicht wandelt sich das Bild vom Chemiker, der beim allerersten LSD-Trip auf dem Fahrrad fährt, zum Alten vom Berg…
In diesen Tagen hat sich zum 80. Mal der legendäre Fahrrad-Trip von Albert Hofmann gejährt. Dieser Anfangssprint der LSD-Historie ist eine großartige Geschichte, die an diesem Jubiläum immer wieder gerne erzählt wird:
Der junge Chemiker mit einer Vorliebe für pflanzliche Heilmittel nahm zunächst im Sandoz-Labor durch ungeklärte Ursachen eine winzige Menge seines 25. isolierten Alkaloides aus dem Mutterkornpilz auf. Die dadurch ausgelösten leichten Wahrnehmungsveränderungen weckten seine Neugier auf dieses sogenannte Lysergsäurediethylamid.
Am 19.04.1943 unternahm er dann einen Selbstversuch und schluckte 250 Mikrogramm LSD, um dann auf seinem Fahrrad auf dem Weg nach Hause feststellen zu müssen, dass sich seine ganze Realität veränderte. Er verfiel in einen „rauschartigen Verwirrtheitszustand”, der ihn zunächst glauben ließ, von einem Dämon besessen zu sein. Nach mehreren Stunden begann er dann, „das unerhörte Farben- und Formenspiel zu genießen”.
Die Faszination für das neu entdeckte Psychedelikum war entfacht. Die tiefgehenden psychischen Effekte von LSD führten erst zu hoffnungsfrohen wissenschaftlichen Experimenten, wurden zum Brandbeschleuniger der 1960er Gegenkultur, dann zur illegalen Untergrunddroge und heute, acht Dekaden später, zum immer noch verbotenen Trägerstoff der sogenannten psychedelischen Renaissance.
Der Mann auf dem Fahrrad ist zum Symbol geworden, das für den schicksalshaften Glücksmoment steht, mit dem LSD entdeckt und verbreitet worden ist, sowie für die erlebte geistige Freiheit, die ein Trip auslösen kann.
Die legendäre Fahrradfahrt war aber nur das erste Kapitel für den psychedelischen Forscher Albert Hofmann, der über hundert Jahre alt werden sollte.
Was weniger bekannt ist, ist, dass Hofmann nicht nur für die Entdeckung von LSD verantwortlich ist, sondern auch für die chemischen Wirkstoffe, die sich in den sogenannten magic mushrooms, also Zauberpilzen, befinden: Psilocybin und Psilocin. Diese in ihrer Wirkung nicht minder spektakulären Substanzen haben Hofmann nicht nur zum Experimentieren in seinem Labor eingeladen, sondern ihn auch auf die Reise in ihre mexikanische Heimat genommen — zuerst auf visionäre Weise, und dann auch physisch.
Wie die mexikanischen Pilze Albert Hofmann entführten
Hofmann wurde eines Tages beim Studieren seiner Basler Tageszeitung auf eine Notiz aufmerksam: US-ForscherInnen hatten im Süden Mexikos an indigenen Zeremonien teilgenommen und ganz besondere Pilze entdeckt. Diese heiligen Fungi werden bei religiösen Zeremonien gegessen und erzeugen einen von Halluzinationen begleiteten Rauschzustand.
Bei den ForscherInnen handelte es sich um den J.P.-Morgan-Banker R. Gordon Wasson und seine russischstämmige Frau Valentina Pavlovna Wasson. Die beiden waren bei ihren hobbymykologischen Erkundungen auf die Spur des Mazatekenvolkes gekommen, hatten mehrere Expeditionen nach Mexiko gemacht und waren wahrscheinlich die ersten Weißen der neueren Geschichte, die an dem rituellen Zauberpilzkonsum teilnehmen durften.
Gordon Wasson machte seine Entdeckung 1957 in einem Artikel in dem Boulevardmagazin LIFE bekannt, woraufhin, ähnlich wie nach der LSD-Entdeckung, großes Interesse in wissenschaftlichen und therapeutischen Kreisen entstand, das sich schnell auf die breite Öffentlichkeit ausweitete.
Albert Hofmann brauchte sich gar nicht selber auf die Suche nach den Pilzen zu machen, sie kamen von ganz alleine zu ihm: Wasson hatte einige der Fruchtkörper aus Mexiko mitgenommen und diese zur Identifikation an Professor Roger Heim geschickt, einem Mykologen und Direktor des Pariser Naturkundemuseums. Heim war es gelungen, die mexikanischen Zauberpilze zu kultivieren. Allerdings konnte er nicht herausfinden, welche Moleküle darin für die halluzinogenen Wirkungen verantwortlich waren. Auch WissenschaftlerInnen aus den USA waren erfolglos. Da die Erfahrungsberichte von den Pilzen sehr denen von LSD ähnelten, meinte Heim, bei dessen „Vater”, Hofmann, an der richtigen Adresse zu sein. Das sollte sich als Volltreffer herausstellen, denn Hofmanns chemisches Fachwissen, gepaart mit seinen psychonautischen Erfahrungen, war genau die Kombination, die es brauchte, um die Wirkstoffe aus den Fungi heraus zu kitzeln.
Hofmann und seine MitarbeiterInnen erhielten 1958 also 200-300 Gramm der Pilze aus Frankreich. Tierversuche erwiesen sich als nicht hilfreich, also begannen sie mit Selbstversuchen. Hofmann probierte es mit 2,4 Gramm getrockneten Pilzen — was, wie man heute abschätzen kann, eine tüchtige Menge ist.
„Es war sehr merkwürdig. Ich nahm es im Labor ein und musste dann nach Hause gehen, weil ich wieder eine ziemlich hohe Dosis genommen hatte. Zuhause sahen Zimmer und Umgebung dann mexikanisch aus — obwohl ich nie in Mexiko gewesen bin. Ich dachte, dass ich mir das alles eingebildet haben muss, weil ich wusste, dass die Pilze aus Mexiko kamen. Ich hatte zum Beispiel einen Kollegen, einen Arzt, der mich bei diesem Experiment betreut hat. Als er meinen Blutdruck überprüfte, sah ich ihn als Azteken. Er hatte ein deutsches Gesicht, aber für mich wurde er ein aztekischer Priester und ich hatte das Gefühl, er würde meine Brust öffnen und mein Herz herausnehmen. Es war wirklich ein absolut mexikanisches Erlebnis!”
Später, nach seiner physischen Mexiko-Reise, auf der seine Frau ein ähnliches Phänomen beobachtet hatte, spekulierte Hofmann, dass die mittelamerikanische, indigene Kultur stark von ebensolchen Pilz-Visionen beeinflusst worden sein muss.
In weiteren Selbstexperimenten isolierten Hofmann und sein Team von ChemikerInnen dann einzelne Moleküle, probierten sie aus und kamen so auf die Spur von zwei psychedelischen Wirkstoffen. Hofmann gelang es, sie zu isolieren und kurz darauf auch zu synthetisieren, also künstlich nachzubilden. Er benannte die Moleküle nach der botanischen Bezeichnung für die „kahlköpfigen” Psilocybe-Pilze: Psilocybin und Psilocin.
Das breite Spektrum mesoamerikanischer Naturmedizin
Atzteken, Mazateken und andere präkolumbianische Völker nahmen die Zauberpilze, die sie Teonanácatl — Fleisch der Götter — nannten, bereits seit Jahrhunderten in schamanistischen Ritualen zu sich, wie Hofmann lernte. Neben den heiligen Pilzen interessierte er sich auch für andere „neu entdeckte” psychoaktive Pflanzen mit langer Tradition:
- Die »Zauberwinde« Ololiuqui. Diese geheimnisvolle Pflanzenmedizin entpuppte sich als Samen der Windengewächse (Convolvulaceae, Turbina corymbosa, Morning Glory Samen). Diese enthalten die mit dem LSD verwandten Wirkstoffe LSA (Lysergsäureamid) und LSH (Lysergsäurehydroxyethylamid). Dass es mit Ololiuqui einen so nahen natürlichen Pflanzenverwandten zum aus dem Ergot-Pilz gewonnenen LSD gab, erstaunte Hofmann.
- Ska Maria Pastora (Hojas de la Pastora, Blätter der Hirtin Maria) heute bekannt unter dem Namen Azteken-Salbei (Salvia divinorum).
- Der meskalinhaltige Kaktus Peyote. Meskalin und dessen psychoaktive Wirkung war der Forschung bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bekannt.
Er lernte aus Chroniken, frühen Expeditionsberichten, und anthropologischen Büchern, dass diese Pflanzen eine lange, im postkolonialen Westen bis dato vollkommen unbekannte Tradition hatten, was unter anderem daran lag, dass die christlichen Konquistadoren diese Bräuche als Teufelswerk angesehen und ihre Durchführung unter Todesstrafe verboten hatten.
Die Reise zu Teonanácatl
1962 verließ Albert Hofmann gemeinsam mit seiner Frau Anita Guanella das beschauliche Basel und begleitete Gordon Wasson auf dessen Einladung hin auf eine Expedition in die wilden Berge von Oaxaca. Ein wissenschaftliches Hauptziel war die botanische Identifizierung des Azteken-Salbeis. Aber er sollte dort nicht nur Wissen sammeln, sondern hatte auch die synthetischen Ergebnisse der gemeinsamen Forschungserkenntnisse im Gepäck: Psilocybin in Pillenform.
In seinem Buch „LSD – Mein Sorgenkind” beschreibt Hofmann ihre Reise nach Mexiko. Von Mexiko-Stadt ging es über Puebla mit dem Landrover in den Staat Oaxaca. In der Hochebene der Sierra Mazateca erkundeten sie mehrere kleine, an Berghängen gelegenen Dörfer: Jalapa de Diaz, Ayautla, San Miguel-Huautla, Rio Santiago, San Jose Tenango und Huautla de Jiménez.
Damals, noch bevor der Hippie-Pilztourismus dort Fuß fasste, war es wahrlich eine Reise in das Herz indigener Kulturen. Die Menschen dort sprachen kein Spanisch, sondern mazatekisch (es wird bis heute dort gesprochen). Auch waren die Menschen Anfang der 1960er dort kaum technologisiert und nicht an Fremde gewöhnt. Die Expedition hatte Amtsdokumente dabei, die dazu dienten, das Misstrauen der Menschen vor Ort zu besänftigen.
Hofmann schwärmte von „der Schönheit der Landschaft und der tropischen Vegetation, […] Urwald mit riesigen, von Schlingpflanzen umwachsenen Bäumen, dann wieder Lichtungen mit Bananenhainen oder Kaffeepflanzungen zwischen lockeren Baumbeständen, Blumen am Wegrand, über denen sich wundervolle Schmetterlinge tummelten.” Er berichtet von den einfachen Mazatekenhütten mit Strohgiebeldächern und Holzpfahlwänden, und von alten Kolonialkirchen, „die deshalb besonders sehenswert und kulturhistorisch interessant [sind], weil die indianischen Handwerker und Künstler, die beim Bau mithalfen, indianische Stilelemente einschmuggelten.”
Große Teile des Weges legten die ForscherInnen per Maultierritt auf engen Gebirgspfaden zurück. Sie schliefen auf Bastmatten und probierten lokale Köstlichkeiten, von denen in der Schweizer Heimat sicher nur die wenigsten gehört hatten: Tortillas und Tequila.
Christlich-indigener Mischglaube
Das Interesse der Forschungsgruppe an den Pflanzen- und Pilzritualen stieß auf große Skepsis, die bei den Mazateken, immerhin waren diese ein heiliges Sakrament, das vor den weißen Eroberern geheimgehalten werden musste. Nur viel Einfühlungsvermögen und Taktgefühl konnten die Menschen dort überzeugen, dass sie keine schlechten Absichten hatten. Gordon Wasson durfte bei seiner ersten Reise 1953 zwar eine Pilzzeremonie bezeugen, aber erst bei seiner Rückkehr zwei Jahre später selber die Teonanácatl einnehmen.
Auch auf dieser Reise konnte die Forschergruppe die EinwohnerInnen überzeugen, sie an ihrem schamanischen Wissen teilhaben zu lassen. Gegen Geld konnten sie genug Pflanzen und Extrakte für die Auswertung in Basel sammeln. In der Nähe von San José Tenango konnten sie dann unter klandestinen Umständen einer heiligen Pflanzenzeremonie beiwohnen: Die Curandera Consuela Garcia hatte sich bereit erklärt, ihnen die Hojas de la Pastora zu verabreichen. Dafür wurden sie nachts heimlich in ihre Hütte geführt, damit niemand der DorfberwohnerInnen etwas davon mitbekam.
Hofmann selber musste bei der Salvia-Zeremonie aussetzen, da er an einer Magenverstimmung litt. Dafür sprang seine Frau Anita tapfer ein, kaute sechs der Blätter und bezeugte ihrem Mann die halluzinogene Wirkung, wenn auch schwächer und „weniger tief” als bei den Pilzen.
Die von Hofmann noch als „Indianer” bezeichneten Mazateken waren den weißen neugierigen Besuchern gegenüber zwar misstrauisch, aber die christliche Religion hat sich selbst hier in den tiefsten mexikanischen Tälern festgesetzt. Die Mazateken berufen sich in ihren Zeremonien sowohl auf Jesus und Maria, als auch auf animistische Naturgeister. Das gilt auch für die berühmteste Curandera Mexikos: María Sabina. Sie war es, die Gordon Wasson mit den Psilocybin-Pilzen vertraut und ihre „heiligen Kinder”, wie sie die Fungi nannte, dadurch der ganzen Welt bekannt gemacht hatte.
Der Vater des LSD trifft die Hüterin der Pilze
Dass dies kaum positive Auswirkungen auf ihr Leben hatte, konnte Hofmann bezeugen, als die Gruppe ihr letztes Ziel der Expedition erreichte: Huautla de Jiménez. Die Hütte, in der María Sabina Wasson bei dessen letztem Besuch an ihrer Zeremonie hatte teilhaben lassen, war abgebrannt worden, wahrscheinlich von aufgebrachten DorfbewohnerInnen, die sie für ihren Geheimnisverrat bestrafen wollten. Sabina, die ihr ganzes Leben eine Außenseiterin am Rande der Dorfgemeinschaft gewesen war, war noch weiter ausgestoßen geworden.
Trotz allem hieß sie Wasson und Co. nun ein weiteres Mal willkommen. Hofmann beschrieb der Curandera ein „gescheites, im Ausdruck ungewöhnlich wandelbares Gesicht”. Dieses wandelte sich in Überraschung, als der Chemiker ihr per Dolmetscherin eröffnete, er hätte „den Geist der Pilze in Pillen gebannt”.
Klar, dass diese neuartigen Pillen erst mal auf ihre Wirkung hin getestet werden mussten. Ihre Veladas, wie Sabinas Pilzzeremonien genannt werden, sind immer auch Familienangelegenheiten, und so kamen am Abend unter anderem auch ihre Töchter und weitere Verwandte hinzu.
Wahrscheinlich war es seit María Sabinas Jugend das erste Mal, dass nicht sie die heilige Medizin ausgab. Hofmann gab ihr und ihren Töchtern vier Pillen á 5 mg Psilocybin — in Paaren, so wie auch die Pilze traditionell ausgegeben werden. Hofmann selber nahm an diesem Abend kein Psilocybin, sondern nur die Hojas de la Pastora, um die verpasste Salbei-Gelegenheit nachzuholen.
Zauberpilze, frisch gekaut und verzehrt, können ihre Wirkung bereits nach 15-20 Minuten entfalten, da sie direkt über die Mundschleimhäute in den Kreislauf gelangen. Bei den Psilocybin-Tabletten, die erst verdaut werden müssen, kann dies länger dauern. So war die alte Curandera zunächst enttäuscht über die ausbleibende Wirkung, aber nachdem alle zwei weitere Pillen erhalten hatten, ging die schamanische Reise auch bei ihr los.
Bei Tagesanbruch dann bekam Albert Hofmann die Bestätigung von der höchstmöglichen Stelle: Mit seiner künstlichen Medizin war es ihm tatsächlich gelungen, den Geist der Pilze hervorzubringen „ohne Unterschied zur Naturmedizin”, wie María Sabina ihm bescheinigte. Hofmann schenkte ihr daraufhin eine ganze Flasche mit Psilocybin-Pillen. So konnte sie auch in pilzarmen Jahreszeiten ihre Veladas durchführen.
Hofmann konnte zurecht stolz auf seine Leistung sein und würdigte auch die Offenheit der Schamanin:
„Wie ist das Verhalten der Curandera Maria Sabina zu beurteilen, die dem Fremden, dem weißen Mann, Zutritt zur geheimen Zeremonie gewährte und ihn den heiligen Pilz kosten ließ? Verdienstvoll ist es, dass sie damit die Tür für die Erforschung des mexikanischen Pilzkultes in seiner heutigen Form und für die wissenschaftliche, botanische und chemische Untersuchung der heiligen Pilze geöffnet hat. Daraus ist ein wertvoller Wirkstoff, das Psilocybin, hervorgegangen. Ohne diese Hilfe wären vielleicht — oder gar wahrscheinlich — das uralte Wissen und die Erfahrungen, die in diesen geheimen Praktiken verborgen waren, in der vordringenden westlichen Zivilisation spurlos verschwunden, ohne Früchte getragen zu haben.”
Gleichzeitig räumt er Jahre später auch ein, dass durch diese Umstände auch Unheil über das vom Fremdenverkehr bis dato unberührte Dorf gekommen war:
„Die Publikationen über die Zauberpilze zogen eine Invasion von Hippies und Drogensüchtigen ins Mazatekenland nach sich, von denen sich viele schlecht, manche gar kriminell aufführten. Eine weitere unerfreuliche Folge war die Entstehung eines richtiggehenden Tourismus nach Huautla de Jimenez, durch den die Ursprünglichkeit des Ortes weitgehend zerstört wurde.”
María Sabinas Sorgenkinder
Es ist traurig, dass die Publikation des magischen Geheimwissens mit so viel persönlichem Leid und der Zerstörung indigener Kultur einherging. R. Gordon Wasson war daran mitschuldig. Er hatte zunächst versprochen, den Ort und die Identität von María Sabina geheim zu halten, sein Wort daheim aber gebrochen. Die Pilze und das Psilocybin hätten ihren Weg in die Öffentlichkeit mit Sicherheit auch gefunden, ohne dass die genauen Details ihrer „Herkunft” publik gemacht geworden wären.
Albert Hofmann hingegen ist kein solcher Vorwurf zu machen. Die Gelegenheit, in die damals noch größtenteils unbekannten und wilden Berge Mexikos zu reisen, um das Geheimnis der Zauberpflanzen am eigenen Leib zu erfahren, war eine beachtenswerte und mutige Leistung. Dazu hat er nicht nur neue Erkenntnisse gesammelt, sondern die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Arbeit in Form von westlicher Medizin vor Ort weitergeben können. Wie viele Forscher konnten ihre Entdeckung mit den indigenen Gemeinschaften teilen, aus denen die ursprünglichen Erkenntnisse stammten?
In Hofmanns Mexiko-Erfahrungen zeigt sich auch, wie viele Forschungszweige sich beim Studium der Psychedelika ineinander verweben: Chemie, Pharmakologie, Ethnobotanik, Geschichte, Kulturwissenschaft, Religionswissenschaft, Anthropologie und Psychonautik.
Die Entdeckung des LSDs war nur der Anfang. Albert Hofmann sollte in der Tat nicht bloß als schicksalhafter Fahrradfahrer erinnert werden, sondern auch als alter Weiser vom Berg.
Quellen
Hofmann, Albert: LSD – Mein Sorgenkind. Die Entdeckung einer „Wunderdroge“ (Affiliate Link)
Stanislav Grof interviews Dr. Albert Hofmann Esalen Institute, Big Sur, California, 1984